Brandenburg in Brandenburg

Brandenburg in Brandenburg

Das Bundesland Brandenburg ist (hoffentlich) den meisten bekannt. Aber die Stadt Brandenburg wahrscheinlich nur wenigen. Völlig unverdient, und daher will ich das jetzt ändern….

1157 eroberte Albrecht der Bär die slawische Burg Brandenburg. Das eroberte Gebiet, das sich in den Folgejahren deutlich vergrößerte, bekam den Namen Mark Brandenburg. An der Stelle der Burg wurde der Dom St. Peter und Paul errichtet.

Westlich und östlich der Havel bildeten sich zwei Städte: die alte Stadt Brandenburg (1170 erstmals urkundlich erwähnt) und die neue Stadt Brandenburg. Wobei „neu“ relativ ist; die Neustadt wurde 1196 das erste Mal erwähnt. Beide Städte hatten eigene Ratsherren, Märkte, Befestigungen und Kirchen. Sie waren als Hansestädte wirtschaftlich erfolgreich und blieben bis ins 15. Jahrhundert hinein die wichtigsten Orte der Mark Brandenburg.

1715 ordnete Friedrich-Wilhelm I. die Vereinigung der beiden Städte zur „Chur- und Hauptstadt Brandenburg“ an. Seit 1993 heißt die Stadt Brandenburg an der Havel. Heute noch tragen aber die Straßennamen in der Alt- und in der Neustadt den Zusatz „Altstädtische…“ beziehungsweise „Neustädtische…“

Eine ganz andere wirtschaftliche Entwicklung nahm die Stadt im 19. Jahrhundert. Sie wurde ab 1871 zum größten Industriestandort der Mark. Produziert wurden beispielsweise Stahl, Fahrzeuge jeglicher Art (vom Kinderwagen über Fahrräder bis hin zu Automobilen) und Spielzeug. In den beiden Weltkriegen erfolgte vor allem die Prodution von Rüstungsgütern. Nach 1945 waren die meisten Betriebe zerstört oder wurden von der sowjetischen Besatzung demontiert. Zu DDR-Zeiten wurde die Industrieproduktion jedoch wieder aufgebaut.

Industriemuseum

Die Industriegeschichte kann man am Beispiel des ehemaligen Stahl- und Walzwerkes erleben. Dies ist heute nämlich ein Industriemuseum. Und, um es schonmal vorwegzunehmen: der Besuch lohnt sich!

Das ursprüngliche Stahlwerk mit zwei Siemens-Martin-Öfen und ein Blechwalzwerk wurden bereits 1914 von Rudolf Weber errichtet. In den folgenden Jahren wurde es erweitert und gehörte ab 1926 zur Mitteldeutschen Stahlwerke AG.

1949 beschloss der Ministerrat der DDR den Aufbau des „VEB Stahl- und Walzwerkes“. VEB heißt übrigens „Volkseigener Betrieb“. Mit letztendlich zwölf Schmelzöfen entwickelte er sich zum führenden Unternehmen der Stahlherstellung in der DDR.

Das Siemens-Martin-Verfahren war über 100 Jahre die führende Technologie der Stahlerzeugung. In Brandenburg an der Havel ist der letzte Siemens-Martin-Ofen in Westeuropa zu besichtigen. Gefüllt wurde der Schmelzofen mit Schrott, das bei einer Temperatur von 1800° C schmolz.

Schon 1980 ging zusätzlich ein Elektrostahlwerk in Betrieb. Es produziert bis heute Stahl. Nach der Wende wurde es von der Riva-Gruppe erworben und modernisiert.

Der letzte Abstrich im Siemens-Martin-Werk fand am 13. Dezember 1993 statt, die letzte Walzung am 15. Dezember 1993. Danach wurde es zum Industriemuseum umgestaltet, das zum einen die Funktionsweise der Stahlherstellung anschaulich erklärt – auch für technische Laien wie mich verständlich. Zum anderen, und das fand ich persönlich noch interessanter, wird das Arbeitsleben in dem früheren Stahlwerk dargestellt.

Habe ich schon erwähnt, dass ein Besuch interessant und lohnenswert ist? Infos zu Öffnungszeiten, Preisen und Anreise findet ihr unter

https://www.industriemuseum-brandenburg.de/home

Und was ist sonst noch sehenswert in Brandenburg an der Havel?

Zum Beispiel das ehemalige Dominikanerkloster St. Pauli, in dem sich jetzt das Archäologische Landesmuseum befindet… der Plauer Torturm, in dessen Nischen Tonskulpturen von Tierköpfen des Künstlers Horst Wall zu sehen sind… das Altstädtische Rathaus mit der Sandsteinstatue des Roland…

Gedenkstätten

Auch Brandenburg an der Havel hat eine dunkle Geschichte…

Im „Alten Zuchthaus“, das dafür den Tarnnamen „Landes-Pflegeanstalt“ erhielt, wurden im Rahmen der sogenannten Aktion T4 zwischen Februar und Oktober 1940 über 9.000 Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderungen durch Giftgas ermordet. An der Stelle, wo die Gaskammer stand, ist ein Gedenkort geschaffen worden. Auf mehreren Stelen sind Fotos und Namen einiger Opfer zu sehen. Die Ausstellung im ehemaligen Werkstattgebäude war leider an dem Tag, als ich dort war, geschlossen.

An und auf der Havel

Ein Riesen-Plus ist die Lage am Wasser. Die Havel durchzieht mit mehreren Wasserarmen das Stadtgebiet, und im Westen liegt ein großes Seengebiet.

Fritze-Bollmann-Brunnen

Fritze (eigentlich Johann Friedrich Andreas) Bollmann war ein Barbier, der sich ständig über die Kinder, die ihn verspotteten, ärgerte und sie mit Rasierschaum bespritzte. Beim Angeln fiel er einmal aus seinem Kahn. Als er dieses Missgeschick einem Kunden erzählte, dichteten die Kinder ein Spottlied über ihn, das sehr populär wurde und um weitere Strophen ergänzt wurde:

In Brandenburg uff'n Beetzsee, da steht 'n Fischerkahn, und darin sitzt Fritze Bollmann, mit seinem Angelkram.

Fritze Bollmann wollte angeln, da fiel die Angel rin. Fritze Bollmann wollt se langen, da fiel er hinterdrin.

Fritze Bollmann schrie um Hilfe. "Liebe Leute, rettet mir, denn ick bin doch Fritze Bollmann, aus der Altstadt der Barbier."

Nur die Angel ward gerettet. Fritze Bollmann, der ersuff. Und seitdem jeht Fritze Bollmann uff'n Beetzsee nich mehr ruff.

Fritze Bollmann kam in'n Himmel: "Lieber Petrus, laß mir durch, denn ick bin doch Fritze Bollmann, der Barbier aus Brandenburg".

Und der Petrus ließ sich rühren und sprach: "Bollmann, komm man rin, hier jibt's och wat zu balbieren, komm man her und seef mir in".

Fritze Bollmann, der balbierte. Petrus schrie: "Oh Schreck, oh Graus, tust mir schändlich massakrieren, det hält ja keen Deibel aus.

Uff de jroße Himmelsleiter, kannste widder runter jehn. Kratz man unten feste weiter, ich laß mir 'n Vollbart stehn".

1924 wurde ein Brunnen für ihn gestaltet. Eine Kopie davon steht jetzt in der Hauptstraße.

„Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos“

Dieses Zitat stammt von Victor von Bülow, besser bekannt als Loriot. 1923 wurde er in Brandenburg an der Havel geboren. Er war ein beliebter Cartoonist und Humorist, der bis heute Kultstatus hat.

In einem 1972 ausgestrahlten Sketch schildert er die angebliche Zucht des Mopses von einem großen elchartigen Tier zu einem Schoßhund. Eine Übergangsform, der „scheue Waldmops“, habe aber überlebt. Er sei mopsähnlich, trage jedoch ein kurzes, aber kräftiges Gehörn.

Anläßlich der Bundesgartenschau 2015 wurden von der Künstlerin Clara Walter acht Waldmops-Figuren geschaffen und an verschiedenen Stellen „versteckt“. Wegen der großen Beliebtheit „vermehrten“ sie sich auf 27. Im Mai 2021 wurde allerdings eine gestohlen und vor kurzem eine zweite, so dass man aktuell nur 25 finden kann. Das hinderte mich (und viele andere große und kleine Brandenburg-Besucher*innen) aber nicht, mit großer Freude auf die Suche zu gehen. Gefunden habe ich neun, und sechs davon präsentiere ich euch hier.

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