Budapest auf den zweiten Blick

Budapest auf den zweiten Blick

Über Pfingsten war ich mit meiner besten Freundin in Budapest. Da sie schon oft dort war und ich auch bereits zum zweiten Mal, haben wir die meisten bekannten Sehenswürdigkeiten wie Kettenbrücke, Fischerbastei, Burgviertel und anderes „links liegen lassen“ und alternative Ziele in Budapest angesteuert.

Gellertberg

Ein Hügel mit Felsen und Bäumen und Büschen. Oben ist ein festungsartiges Gebäude mt einer Fahnenstange zu sehen. Daneben auf einem hohen Steinturm eine große Metallfigur. Vor dem Hügel fließt ein Fluß, auf dem ein Ausflugsschiff von rechts nach links fährt. Am Fuß des Hügels ist ein langgestrecktes Gebäude.

Der Gellertberg liegt auf der Budaer Seite der Donau und ist 235 m hoch. Benannt ist er nach dem Bischof Gellert, der im 11. Jahrhundert Heiden zum Christentum bekehren wollte. Der Legende nach sperrten sie ihn in ein Holzfass, das sie dann den Berg hinunterrollen ließen.

Ihm zu Ehren wurde 1904 mit einer Spende von Kaiser Wilhelm II. ein Denkmal errichtet.

Der Weg hinauf beginnt an der Elisabethbrücke (die benannt ist nach der österreichischen Kaiserin und ungarischen Königin Elisabeth… ihr wisst schon: DIE Sissi…) und bietet schöne Ausblicke auf Budapest. Leider war es an dem Tag nicht nur sehr schwül, sondern auch sehr diesig, so dass die Fotos nicht so schön sind, wie ihr es von mir gewohnt seid.

Auf dem Gipfel des Gellertberges wurde 1947 von den Sowjets die „Freiheitsstatue“ in Form einer Frauengestalt, die einen Palmwedel nach oben hält, errichtet. Sie soll an die Befreiung der Ungarn von der Naziherrschaft und damit den Sieg des Kommunismus über den Faschismus erinnern.

Einige Stufen führen zu einem hohen weißen Turm empor. Rechts und links stehen auf Podesten Bronezstatuen. Links ein Mensch, der beide Arme nach oben hält und in einer Hand eine Fackel trägt. Rechts ein Mann, der einen Arm mit Faust drohend nach oben hält, so als ob er gleich zuschlagen wird. Hinter dem Turm ein flaches rundes Gebäude mit Baugerüsten. Auf dem Turm eine Frauenstatue, die einen großes Blatt quer nach oben hält. Oben links und rechts ragen Zweige mit Blättern ins Foto.

Garten der Philosophen

Der“Garten der Philosophen“, der sich am Nordwesthang des Gellertberges befindet, wird von Touristen (und Einheimischen) wenig besucht. Dabei ist er wirklich sehenswert.

Geschaffen wurden die Statuen 1985 vom ungarischen Bildhauer Nandor Wagner. Er war 1967 nach Japan gezogen und wollte sie seiner Heimat Ungarn schenken. Dies gelang aber bis zu seinem Tod 1997 nicht, umd erst 2001 konnte die Schenkung durch seine japanische Witwe realisiert werden.

Fünf der Statuen, Echnaton, Jesus Christus, Buddha, Laotse und Abraham bilden einen Kreis mit einer Kugel in der Mitte. Diese Kugel soll eine gemeinsame Gottheit, ein Bindeglied zwischen den Religionen symbolisieren. Seitlich davon befinden sich drei Statuen von Menschen, die geistige Erleuchtung erlangt und diese ihren Gesellschaften vermittelt haben: Mahatma Ghandi, der buddhistische Mönch Bodhi Dharma und Franz von Assisi. Sie bilden mit der Kugel ein gleichseitiges Dreieck.

Eine Parkanlage. Darin ein kreisrundes Becken aus Metall. In der Mitte eine Kugel. Um das Becken herum vier stehende Statuen. Eine weitere liegt auf dem Boden und hat ein Tuch vollständig über den Körper gezogen. Im Hintergrund stehen drei weitere Statuen.

Ganz in der Nähe befindet sich seit 1982 eine weitere Skulptur, die die „Vereinigung“ von“Prinz Buda“ und „Prinzessin Pest“ zeigt. Die Figuren wurden von Marta Lesenyei geschaffen, die Stadt zu ihren Füßen von György Vadasz.

Ein Felsen, in der Mitte gespalten. Darauf eine Metallplatte, auf der Gebäude und Erhebungen aus Metall dargestellt sind. Darauf stehen (links und rechts von der Spalte) zwei Figuren aus Metall, die die Hände zueinander ausstrecken. Links ein König in einem langen Mantel und mit Krone. Rechts eine Frau in einem langen Kleid.

Die Parkanlage ist übrigens nicht nur ein Ort der Ruhe. An diesem schwülen Tag war auch der leichte Wind, der über die freie Fläche wehte, eine willkommene Abkühlung.

Eine Frau sitzte auf dem Rand eines hohen Blumenkübels. Im Hintergrund die Bebauung Budapests und die Donau. Die Frau hat rote Haare und eine Brille, Sie trägt Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Sie hat die Arme leicht ausgebreitet.

Terror Haza – Haus des Terrors

Ein ziemlicher Kontrast war die anschließende Besichtigung des „Haus des Terrors“. Das Gebäude war von 1937 bis 1944 Sitz und Gefängnis der ungarischen Nazi-Partei, den Pfeilkreuzlern. 1945 wurde es zum Hauptquartier und Gefängnis des kommunistischen Staatssicherheitsdienstes AVH. Seit 2002 ist es ein Museum zur Erinnerung an die zwei Diktaturen. An die darin gefolterten und ermordeten Menschen wird durch Fotos an der Außenwand und im Eingangsbereich hinter einem sowjetischen Panzer erinnert.

Die Naziherrschaft wird relativ kurz dargestellt…

…sehr ausführlich und informativ aber die Zeit der kommunistischen Diktatur: Transport von ungarischen Menschen zur Zwangsarbeit in sowjetische Lager, Schauprozesse, Propaganda, Verfolgung und Diskriminierung der Kulaken (Großbauern), Zwangsaussiedlungen, Widerstand und vieles mehr. Tipp: Nutzt den angebotenen Audioguide, da die Erklärungen an den Objekten des Museums im wesentlichen auf ungarisch sind.

Kleine Geschichte des Ungarischen Volksaufstands 1956

Ich gebe zu, dass ich mich bisher nicht groß mit der ungarischen Geschichte beschäftigt habe. Auch dazu hat mich das Museum aber angeregt. Daher hier ein kurzer Abriss der Geschichte des Volksaufstands in Ungarn 1956.

Nach dem Tod Stalins 1953 gab es in der Führung der UdSSR leichte Ansätze zu Reformen. Im Zuge dessen wurde am 4. Juli 1953 Imre Nagy neuer Ministerpräsident in Ungarn. Er stand für die Idee eines „nationalen und menschlichen Sozialismus“, schaffte unter anderem Internierungslager ab und ermöglichte eine größere Medienfreiheit. Das war den sowjetischen Machthabern dann doch zu viel. Nagy wurde im April 1955 von der Parteiführung der Kommunistischen Partei Ungarns (MDP) seines Amtes enthoben und einige Monate später sogar aus der Partei ausgeschlossen.

In Ungarn bildete sich 1956 ein unabhängiger ungarischer Studierenverband, der für den 23. Oktober zu einer Kundgebung einlud. Dem anschließenden Protestzug schlossen sich immer mehr Menschen an; vor dem ungarischen Parlament waren es schließlich etwa 200.000. Die Situation eskalierte, als Polizeikräfte das Feuer eröffneten. Teile der Armee solidarisierten sich aber mit den Protestierenden, denen es gelang, den ungarischen Rundfunk zu besetzen. Bis zum 28. Oktober kam es zu heftigen Straßenkämpfen und der Aufstand griff auf ganz Ungarn über.

Am 28. Oktober wurde eine Forderung der Protestierenden erfüllt: Imre Nagy wurde erneut Ministerpräsident. Einen Tag später verließen auf seine Bitte hin die sowjetischen Truppen Budapest. Nagy bildete eine Mehrpartei-Regierung und forderte die parlamentarische Demokratie und die Neutralität Ungarns, das heißt den Austritt aus dem Warschauer Pakt.

Doch es gab nur einen kurzen Hoffnungsschimmer auf ein demokratisches Ungarn. Am 4. November 1956 rückten sowjetische Panzerverbände in Ungarn ein und schlugen bis zum 15. November den Aufstand blutig nieder. Danach setzte eine Verfolgungswelle ein. Auch Imre Nagy wurde verhaftet und hingerichtet. Etwa 200.000 Ungarinnen und Ungarn flüchteten.

Bis Ende 1988 war in Ungarn der Volksaufstand ein Tabuthema; auch der Name von Imre Nagy durte öffentlich nicht erwähnt werden. Erst durch die Reformbewegungen, auch innerhalb der Kommunistischen Partei, gab es ein Umdenken und eine Neubewertung des Aufstandes. 1989 wurde Nagy politisch und juristisch rehabilitiert. Am 23. Oktober 1989, dem 33. Jahrestag des Volksaufstandes erklärte der Staatspräsident die bisherige Volksrepublik Ungarn zu einer Republik, und es gab erstmals freie Wahlen.

Aus deutscher Sicht nicht zu vergessen: bereits im Mai 1989 begann Ungarn (angeblich aus Kostengründen) den Grenzzaun zu Östereich zu entfernen, und am 11. September 1989 öffnete das Land seine Westgrenze für Staatsangehörige der DDR. Die dadurch mögliche Massenflucht von DDR-Bürgerinnen und -Bürgern beschleunigte den Zusammenbruch der DDR und die deutsche Wiedervereinigung.

Budaer Berge

Aus der Vergangenheit wieder ins Hier und Jetzt… und zur Entspannung in die Natur. Die Budaer Berge liegen westlich von Budapest und sind für die Großstädter ein beliebtes Ausflugsziel. Am Pfingstmontag waren vor allem viele Familien dort unterwegs, die die großen Rasenflächen zum Picknick oder Grillen nutzten. Und zwei deutsche Touristinnen, die den höchsten Berg Budapest besteigen wollten…

Blick auf einen dicht mit Bäumen bewachsenen Hügel mit einem Turm und einem Mast auf der Spitze. Oben und links ragen aus der Nähe aufgenommene Blätter ins Foto.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Anreise mit der seit 1874 betriebenen Zahnradbahn am schönsten. Die untere Station befindet sich in Városmajor; in der Nähe des Széll Kálmán tér (rote Metrolinie). Und dann fährt man einfach den Berg hinauf bis zur Endstation.

Durch das Fenster einer anderen Bahn Blick auf eine entgegenkommende Zahnradbahn (unten rot, oben weiß) und ihren Fahrer.

Schon auf dem Weg zum 527 m hohen Johannesberg hat man einen tollen Ausblick auf Budapest und die grüne Umgebung. Und noch schöner ist der Blick, wenn man weitere 23,5 m hinaufsteigt, nämlich auf den Elisabeth-Aussichtsturm…

Tipp: Von der Endhaltestelle der Zahnradbahn fährt parallel zu einem Teil der Wegstrecke die Kindereisenbahn. Das ist eine Schmalspurbahn, die von 10- bis 14-jährigen Kindern ehrenamtlich betrieben wird. Sie verkaufen die Fahrkarten, sind Schaffnerinnen oder Schaffner und bedienen die Stellwerke. Als wir dort waren, fuhr sie aber leider nicht…

Am Donauufer

Spaziergänge am Wasser, egal ob Meer, See oder Fluß, finde ich unglaublich entspannend. Daher mag ich Städte, die am Wasser liegen, so wie Budapest an der Donau.

Auch das riesige und, wie ich finde, wirklich schöne Parlamentsgebäude liegt direkt an der Donau. Ein paar Zahlen gefällig? Länge 268 m, Breite 123 m, 691 Räume, 365 Türmchen, 27 Eingänge. Schon gewaltig, oder?

Ein Problem, wenn man in Budapest an der Donau spazieren geht, ist der Verkehrslärm von den parallel verlaufenden Autostraßen. Als wir Pfingstmontag dort waren, war es überraschend ruhig, und wir stellten dann fest, dass die Straße auf der Pester Seite für Autos gesperrt war. Dort war jetzt Platz für Fahrräder und Jogger*innen. Ob das nur am Pfingstmontag so war oder auch an anderen Feiertagen so ist, konnte ich nicht herausfinden. Auf jeden Fall war es sehr erholsam.

Wenn man am Donauufer entlang läuft, entdeckt man auch die eine oder andere interessante Statue…

…aber auch traurige Gedenkorte… seit 2005 erinnern 60 Schuhe an die Ermordung von Jüdinnen und Juden durch die ungarischen Nazis, die Pfeilkreuzler. Tausende Jüdinnen und Juden mussten sich an das Ufer der Donau stellen und ihre Schuhe ausziehen. Sie wurden dann erschossen und ihre Leichen fielen in den Fluß…

…nahe der Margaretenbrücke erinnert ein Mahnmal an den Untergang eines Ausflugsschiffes am 29. Mai 2019. Es kollidierte unter der Brücke mit einem Kreuzfahrtschiff und sank innerhalb von wenigen Sekunden. Von den 35 Menschen an Bord, 33 aus Südkorea und zwei ungarische Besatzungsmitglieder, konnten nur sieben gerettet werden.

Margareteninsel

Die Margareteninsel ist ein beliebter Freizeitort mitten in der Donau. Man kann zum Beispiel joggend die Insel umrunden (5.5 km), oder man kann, wie wir, einfach nur bis zum Springbrunnen gehen und die Wasserspiele genießen… und das nicht nur mit den Augen, sondern auch mit den Ohren…

Zur jeweils vollen Stunde gibt es nämlich Musik (einmal klassisch, einmal populär) und eine dazu passende Wasserfontänenshow. Wirklich beeindruckend. Also: Ton an!

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