Bunker in Brandenburg
Heute nehme ich euch mit zu einem interessanten Lost Place….
…in Wünsdorf-Waldstadt, einem Ortsteil von Zossen… auf den ersten Blick eine ruhige Wohnsiedlung im Grünen…
…doch was hat das hier zu suchen???
Und was ist das überhaupt??? Nur Geduld…. das verrate ich später…
Zunächst mal ein Blick in die Geschichte des Ortes, konkret: in die Militärgeschichte. Es begann mit Kaiser Wilhelm II., der 1910 das Dorf Zehrensdorf räumen und einen Truppenübungsplatz errichten ließ. Dieser bekam mit Beginn des 1. Weltkrieges eine besondere Bedeutung, und die Garnison vergrößerte sich. Sie diente dann auch als Kriegsgefangenenlager. Nach Kriegsende wurden Familien aus ehemals deutschen Gebieten im neu entstandenen Zehrensdorf angesiedelt.
1936 erfolgte jedoch die erneute Räumung, denn nun nutzten die Nationalsozialisten das Gebiet wieder militärisch. Unter anderem befanden sich dort das Hauptquartier des Oberkommandos und die Fernmeldezentrale des Heeres. Hierzu wurden unterirdische Bunkeranlagen errichtet.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden diese weitgehend zerstört. Der Militärstandort blieb jedoch und wurde ab 1953 Sitz des „Oberkommandos der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland“. Der Fernmeldebunker „Zeppelin“ wurde von den Sowjets erweitert und weiterhin genutzt. 1994 verließen die russischen Streitkräfte Deutschland und damit auch die Militärstadt Wünsdorf-Waldstadt.
Garnisonsmuseum
Hier wird die Geschichte von 1910 – 1945 dargestellt.
Dort erfährt man interessante Einzelheiten, zum Beispiel dass für muslimische Kriegsgefangene 1915 die erste Moschee auf deutschem Boden errichtet wurde. Mir persönlich ist das Museum jedoch zu militärisch. Außerdem spiegelt sich ein gewisser Stolz über die militärische Nutzung wieder. Eine kritische Hinterfragung fehlt, gerade auch für die NS-Zeit und den 2. Weltkrieg.
Museum „Roter Stern“
In diesem Museum geht es um die Zeit der sowjetischen Besatzung von 1945 – 1994 in Ostdeutschland.
Dort entdeckte ich auch ein Stück „Heimat“, denn das Lenin-Relief stammt aus der Garnison Vogelsang, ebenso ein Teil der Ausstellung. Und Vogelsang gehört zu Zehdenick, einer Nachbarstadt von Gransee.
Winkeltürme
Und jetzt lüfte ich das Geheimnis des merkwürdigen Turmes. Hierbei handelt es sich um einen Hochbunker, der nach seinem Konstrukteur Leo Winkel benannt ist. Umgangssprachlich nannte man sie auch „Betonzigarre“ oder „Zuckerhut“. Durch ihre Form sollten Bomben abgleiten und erst auf dem Boden detonieren. Insgesamt gab es in Deutschland etwa 200. 19 davon standen in Wünsdorf-Waldstadt. Sie sind 23 m hoch und boten jeweils 315 Menschen Schutz. Zwölf sind nach dem Krieg gesprengt worden; die anderen sieben stehen jetzt inmitten der Wohnbebauung. Und einer davon ist begehbar…
Bunkeranlagen Maybach und Zeppelin
Doch ich erwähnte ja auch unterirdische Bunkeranlagen. Diese können nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden.
Ich habe an einer „Standard“-Führung teilgenommen, die 1,5 Stunden dauert. Diese findet an Wochenenden und Feiertagen um 11 Uhr, um 13 Uhr und um 15 Uhr statt; dienstags bis freitags gibt es eine Führung um 14 Uhr. Eigentlich soll man sich vorher anmelden. Das hatte ich, weil der Entschluss dorthin zu fahren, ziemlich spontan war, nicht getan. Aber ich hatte Glück und durfte teilnehmen, und das war wirklich interessant.
Die Bunkeranlage Maybach I wurde nach 1945 gesprengt, so dass die Überreste jetzt nur noch von oben zu besichtigen sind.
Dabei handelte es sich um zwölf fünfgeschossige Gebäude, wobei zwei der Geschosse unterirdisch waren. Sie beherbergten die Büros und Arbeitsräume verschiedener Stäbe des Heeres. Zur Tarnung sahen sie im oberirdischen Bereich aus wie normale Wohnhäuser.
Der Bunker Zeppelin, der die Nachrichtenzentrale des Heeres war und der später auch von den sowjetischen Streitkräften genutzt wurde, ist dagegen begehbar. Dabei geht es bis zu 18 m unter die Erde.
Diese Führung kostet 12 €. Für das Kombiticket, das auch den Besuch des Garnisonsmuseums, des Winkelturms und des Museums „Roter Stern“ beinhaltete, habe ich 17 € bezahlt. Es gibt im übrigen auch Führungen von 2,5 oder 4,5 Stunden. Genaueres:
https://www.buecherstadt.com/de/bunker/
Tipp: Im Bunker Zeppelin, durch den man ungefähr die Hälfte der Führung läuft, sind nur 10° C. Also ein echter Geheimtipp für heiße Sommertage. Aber unbedingt eine Jacke mitnehmen und lange Hosen tragen. Festes Schuhwerk ist auch angebracht.
Bücherstadt
Bücherstädte oder -dörfer sind (meist kleinere) Orte, die mit einer besonders hohen Anzahl an Antiquariaten interessierte Kunden anlocken wollen. Die Idee entstand schon Anfang der 60er Jahre in dem walisischen Dorf Hay-on-Wye. Dort gibt es mittlerweile über 25 Antiquariate.
Wünsdorf-Waldstadt, das seit 1998 ebenfalls Bücherstadt ist, ist dagegen mit drei Antiquariaten eher bescheiden.