Altranft: ländliche Kultur im Oderbruch

Altranft: ländliche Kultur im Oderbruch

Das Oderbruch liegt im östlichen Teil Brandenburgs, an der Grenze zu Polen. Ursprünglich war es eine schwach besiedelte Sumpflandschaft. Friedrich der Große ließ es Mitte des 18. Jahrhunderts durch Kolonisten entwässern und dadurch fruchtbares Land schaffen. Die Kolonisten kamen aus der Pfalz, Schwaben, Pommern, Österreich und Böhmen. Sie legten das sumpfige Land trocken und siedelten sich hier an.

Altranft ist ein Dorf im Oderbruch (mittlerweile ein Ortsteil von Bad Freienwalde). Es hat eine Kirche, einen Kindergarten (mit 33 Kindern; ein gutes Zeichen für einen so kleinen Ort), und es hat ein Museum, das mich wirklich begeistert hat.

Oderbruch Museum

Das Schloss (eigentlich Gutshaus) Altranft stammt im Ursprung aus dem Jahr 1375. Von 1919 bis 1945 befand es sich sich im Eigentum der Familie Eschenbach, und viele Menschen aus der Umgebung waren auf dem Gut beschäftigt. Nach dem 2. Weltkrieg wurden dort zunächst Flüchtlingsfamilien untergebracht. Danach war es Schule, Hort, Kinderkrippe, Jugendclub, Kulturhaus…

Bereits in den 70er Jahren entstand das Freilichtmuseum Altranft, das „Veränderungen in der Lebensweise und Kultur der werktätigen Dorfbevölkerung in der östlichen Mark Brandenburg“ darstellen sollte. Das Schlossgebäude wurde mit einbezogen. Das Freilichtmuseum in der bisherigen Form wurde 2016 geschlossen. Gleichzeitig wurde mit der Eröffnung des Oderbruch Museums Altranft, dessen Hauptteil sich im Schloss befindet, ein völlig neues Konzept umgesetzt.

Dass dies kein „normales“ Museum ist, zeigt sich schon daran, dass es den Zusatztitel „Werkstatt für ländliche Kultur“ trägt.

Kulturerbe-Orte

Ein Raum hängt voller kleiner Schränkchen, in denen „Kulturerbe-Orte“ im Oderbruch sichtbar gemacht werden. Mich hat das neugierig gemacht, und ich werde bestimmt manche dieser Orte mal besuchen.

Ein Teil eines hohen Raumes mit weißlichen Wänden und einem Holzfußboden. An der hinteren Wand eine geöffnete hohe Tür, die mit einem Vorhang verdeckt ist. Links und rechts davon und ebenfalls an der linken Wand hängen kleine geschlossene Holzchränkchen, die alle völlig unterschiedlich sind. Rechts ein halb geöffnetes hohes Fenster.
Eines der Schränkchen geöffnet. Darin ist eine Kinderzeichnung eines Mannes mit Hut und dem Namen Dennis. Unten steht gedruckt: "Alter Fritz von Dennys (11) aus Letschin". Davor steht eine kleine Spielzeug-Kanone. Rechts ein Teil des Türchens mit dem Text: "alte fritz denkmal letschin"
Ein geöffnetes Schränkchen mit drei Fächern, Im unteren liegen zwei weiße Wollsocken. Im mittleren steht eine Schachtel mit vielen einzelnen Buchstaben aus Papier. Im oberen sind auf einen Pappkarton Buchstaben aufgeklebt und bilden den Satz "Quliitzer Wein so sauer daß sich die Löcher auch in den Socken zusammenziehen". Rechts ein Teil des Türchens, in dem ein gestricktes Täschchen hängt. Darin steckt eine Karte mit der Aufschrift "Dorfschule Neuhardenberg".
Ein geöffnetes Schränkchen. Oben ein Flaschenzug. Darin hängen links eine Waagschale mit mehreren Gewichten darin und rechts ein mit blauen Murmeln gefüllter blauer Behälter. In den Murmeln liegt ein Schiff. Rechts davon, oberhalb des blauen Behälters ist ein blaues Holzstück angebracht, auf dem ebenfalls ein Schiff liegt.
Das ist übrigens das Schiffshebewerk Niederfinow

Museum

Natürlich gibt es auch Räume mit Ausstellungsobjekten, zum Beispiel das „Studiolo“, ein Studierzimmer mit Tierpräparaten, Pflanzen- und Bodenproben, und ein Raum, in dem Menschen, die sich im Oderbruch für den Naturschutz eingesetzt haben, gewürdigt werden.

Überhaupt: die Menschen aus dem Oderbruch stehen im Mittelpunkt des Museums, durch Fotos, durch viele Tondokumente, die man sich anhören kann, und durch Erinnerungen, die an den Wänden festgehalten worden sind.

Jahresthema

Jedes Jahr gibt es ein neues Thema, zu dem Ausstellungen, Werkstattgespräche und viele andere Mitmach-Aktionen stattfinden. 2022 ist das Jahresthema „Natur“, das sich durch das ganze Haus zieht. Zum Beispiel werden Schaukästen gezeigt, die von Studierenden der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde und der Technischen Universität Dresden geschaffen wurden. Und in der ehemaligen Küche steht ein „Beschreibetisch“, der zum Nachdenken und Mitmachen einlädt.

Mitgebsel

Natürlich gibt es viele Angebote für Kinder und Jugendliche und Zusammenarbeit mit mehreren Schulen. Am besten gefallen hat mir die Idee der „Mitgebsel“. Schülerinnen und Schüler besuchen Menschen, die im Oderbruch leben und interviewen sie. Lebensgeschichten und -schicksale, Berufe, ehrenamtliches Engagement werden so für die Jugendlichen persönlich sichtbar. Am Ende schenken die Besuchten ihnen etwas, was mit ihrem Leben oder Alltag zu tun hat, ein sogenanntes Mitgebsel. Diese werden im Museum dann nicht nur ausgestellt, sondern sind für die Besucherinnen und Besucher „greifbar“. Das gilt im übrigen auch für die anderen Räume. (Fast) alles im Museum darf man anfassen und sich genau anschauen.

Mahlsdorf-Zimmer

Charlotte von Mahlsdorf verkaufte 1997 Teile ihrer Sammlung von Mobiliar aus der Gründerzeit an das Freilichtmuseum Altranft. So kann im ehemaligen Fest- und Speisesaal nachempfunden werden, wie die Ausstattung um 1900 gewesen sein könnte.

Ich weiß nicht, ob es schon zu Zeiten des Freilichtmuseums so war, heute jedenfalls ist der Raum auch eine Erinnerung an Charlotte von Mahlsdorf, die 1928 als Lothar Berfelde geboren wurde.

https://www.wikiwand.com/de/Charlotte_von_Mahlsdorf

Infos zum Oderbruch Museum

Damit es hier nicht zu lang wird und damit ihr, wenn ihr hinfahrt, auch noch etwas entdecken könnt, habe ich nur einen Teil dessen, was ihr im Schloss sehen und erleben könnt, vorgestellt. Oderbruch Murmelbahn, Informationen zu Wassersystem, Landwirtschaft und Alltag im Oderbruch, Käfersammlung, 100 Objekte Oderbruch, Bildersalon, Buch der Traurigkeit, Museumswerkstatt, Bibliothek und sicherlich manches, was auch ich beim ersten Mal übersehen habe, erwarten euch zusätzlich.

Der Eintritt kostet 8 € für Erwachsene, 5 € ermäßigt. Damit erwirbt man (was ich auch richtig klasse finde) eine Jahreskarte. Ob ich es dieses Jahr nochmal schaffe, hinzufahren, weiß ich nicht, aber im nächsten Jahr ganz bestimmt. Das Jahresthema 2023 wird übrigens „Jugend“ sein.

https://oderbruchmuseum.de/besucherinfo/

Putin in Altranft

War Putin in den 70er Jahren tatsächlich in Altranft? Diese Frage beantwortet die Ausstellung im Schlosspark zwar nicht. Dafür hat die Leipziger Künstlerin Johanna Benz aber in interessanter Form die Erinnungen von Menschen aus Altranft an die Anwesenheit der Sowjetischen Armee im Ort dargestellt.

Fischerhaus

Gebäude des früheren Freilichtmuseums sind weiterhin Bestandteil des Oderbruch Museums.

Dazu gehört das Rohrhaus, das wegen seines Reetdaches so genannt wird (sorry, ich habe leider kein gutes Foto von außen gemacht). Mit Eröffnung des Freilichtmuseums bekam es den Namen Fischerhaus. Es stammt wohl aus dem Jahr 1720 und ist das zweitälteste Gebäude des Ortes. Tatsächlich lebte anfangs ein Fischer darin. Seit dem späten 18. Jahrhundert diente es jedoch als Wohnraum für arme Landarbeiter*innen.

Berg Schmidt Hof

Nach einem Dorfbrand 1829 baute der Bauer und Dorfschulze Schmidt einen Bauernhof an der Alten Heerstraße. Wegen der höher gelegenen Lage nannte die Bevölkerung ihn Berg-Schmidt-Hof. Seit den 50er Jahren wird er nicht mehr bewirtschaftet und zeigt uns heute, wie wohlhabende Bauern mit ihren Familien damals gelebt haben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert