Paris: Belleville

Paris: Belleville

Tag 6

Mein Spaziergang am Vortag hatte mich motiviert, ein bisschen mehr vom eher unbekannten Paris zu entdecken. Bei der Suche nach interessanten Orten stieß ich auf das Stadtviertel Belleville. Praktischerweise fand ich dabei auch gleich eine Anregung für einen Spaziergang:

https://parisjetaime.com/ger/artikel/spaziergang-auf-den-hugeln-von-belleville-a788

Ich bin der vorgeschlagenen Route fast vollständig gefolgt. Allerdings fand ich einige Orte nicht so interessant, so dass ich euch hier einen verkürzten Spaziergang vorstelle.

Zunächst aber ein Überblick über die Geschichte dieses Pariser Viertels: Ursprünglich war Belleville ein eigenständiges Dorf außerhalb von Paris, bekannt für seine Weinberge und als beliebtes Ausflugsziel mit sogenannten „Guinguettes“ – Gartenlokalen, in denen getanzt und gefeiert wurde. 1860 wurde Belleville in die Stadt Paris eingemeindet und entwickelte sich rasch zu einem Arbeiterviertel.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts siedelten sich verschiedene Einwanderergruppen an, darunter Juden aus Osteuropa, Armenier, Nordafrikaner und ab den 1980er Jahren eine bedeutende chinesische Gemeinschaft. Heute leben in Belleville Menschen aus über 80 Nationen, so dass es eines der multikulturellsten Viertel von Paris ist.

Seit den 1980er Jahren hat sich Belleville zu einem Zentrum für Künstler entwickelt. Die günstigen Mieten und die Verfügbarkeit von Atelierräumen zogen viele Kreative an.

Was ihr auf keinen Fall verpassen solltet, ist die Villa de l’Ermitage. Hierbei handelt es um eine schmale, grüne Passage, die schon seit mindestens 1812 existiert.

Der Eingang (auch zur benachbarten Cité Leroy, die genauso sehenswert ist) befindet sich an der Rue des Pyrénées 315.

Nach diesem ruhigen Rückzugsort ging es dann weiter durch das trubelige Belleville. Hier auf dem Foto sieht man gut, dass Belleville auf einem Hügel liegt.

Daher geht es meistens bergauf. Zum Beispiel die Rue des Cascades hinauf zum Regard Saint‑Martin.

Bereits im Mittelalter wurde erkannt, dass sich der Hügel von Belleville aufgrund seiner Höhe gut eignet, um Wasser mit natürlichem Gefälle in tiefer gelegene Stadtteile zu leiten. Daher wurden dort mehrere Wasserreservois und Pumpstationen gebaut. Bauwerke, die Zugang zu den unterirdischen Wasserleitungen und -kanälen ermöglichten, wurden Regard genannt.

Ich weiß, was ihr jetzt denkt: für so ein unscheinbares Gebäude der steile Aufstieg? Und ihr habt recht. Aber geht trotzdem hinauf, denn ihr werdet dort wirklich schöne Streetart finden. Hier nur eine kleine Auswahl:

Mein nächstes Ziel war der Parc de Belleville. Er ist noch relativ neu. Im Jahr 1988 wurde er terrassenförmig auf dem Hügel von Belleville angelegt. Trotz der beeindruckenden Aussicht auf die Stadt waren dort nur wenige Menschen unterwegs – also noch ein echter Geheimtipp.

Obwohl der Park sehr schön ist, macht er teilweise einen ungepflegten Eindruck. Ich würde mir wünschen, dass hier (bis zu meinem nächsten Parisbesuch…) das eine oder andere saniert und verschönt wird.

Obwohl man ihn von mehreren Stellen aus sehen kann, ist in Google-Maps ein spezieller „Blick auf den Eiffelturm“ angezeigt. Natürlich (!) musste ich von dort ein letztes Foto vom Turm machen. Spoiler: es war nicht das letzte…siehe meinen Tag 6….

Die katholische Kirche Saint-Jean-Baptiste, benannt nach Johannes dem Täufer, wurde zwischen 1854 und 1859 errichtet. Sie gilt als ein herausragendes Beispiel neugotischer Architektur in Paris. Ich verstehe zu wenig von Architektur, um das würdigen zu können. Für mich ist sie eine schöne Kirche, aber nichts besonderes.

Ein „Alleinstellungsmerkmal“ ist jedoch, dass dort 2017 Edith Piaf getauft wurde.

Edith Giovanna Gassion wurde 1915 in Belleville geboren und verstarb 1963. Ihre Kindheit und Jugend war von Armut geprägt. Sie arbeitete als Straßensängerin, bis sie 1935 von einem Nachtclubbesitzer entdeckt wurde, der ihr den Künstlernamen „La Môme Piaf“ ( „Der kleine Spatz“) gab. Als Chansonsängerin wurde sie weltberühmt. Zu ihren bekanntesten Liedern zählen bis heute „La Vie en Rose“ (1946) und „Non, je ne regrette rien“ (1960).

Mein heutiger Beitrag begann mit einem idyllischen, grünen Wohnquartier, und er endet auch mit einem solchen: dem Viertel La Mouzaïa.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs Paris stark. Viele Arbeiterfamilien lebten unter prekären Bedingungen, und es wurde dringend Wohnraum benötigt. Das Areal in Belleville war ursprünglich ein ausgedehntes Netz von stillgelegten Gipssteinbrüchen. Für den Bau von großen Mietshäusern war es daher nicht geeignet. Stattdessen wurden dort ab 1879 rund 250 niedrige Reihenhäuschen mit kleinen Vorgärten errichtet.

Ob heute in diesem malerischen Viertel noch Arbeiterfamilien wohnen? Aber schön ist es dennoch:

Bei der Suche nach der nächsten Metrostation für die Rückfahrt stellte ich übrigens fest, dass La Mouzaïa ganz in der Nähe vom Parc des Buttes-Chaumont liegt, wo ich am Vortag war…

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