
Paris: Der Louvre
Tag 3
Paris hat über 130 Museen. Warum habe ich mir gerade den Louvre ausgesucht? Und noch viel wichtiger: warum empfehle ich euch, bei einem Parisbesuch den Louvre nicht auszulassen?
Nein, die Antwort ist nicht: wegen der „Mona Lisa“… Sondern weil es weltweit ein einzigartiges Museum ist:
Der Louvre ist ein Museum in einem früheren Königspalast
Der Louvre wurde um 1190 als Wehranlage mit einem Festungsturm, Graben und Befestigungen erbaut.Teile dieses mittelalterlichen Baus sind heute noch im Untergeschoss des Museums sichtbar.
Im 14. Jahrhundert wandelte König Charles V. die Festung in eine komfortablere königliche Residenz um. Der Louvre wurde mit Gärten und luxuriösen Wohnräumen ausgestattet. Es gab auch danach immer wieder Erweiterungen und Ausbauten. Erst mit dem Bau des Schlosses Versailles um 1680 verlagerte sich der Hof dorthin, und der Louvre verlor seine Rolle als Hauptresidenz.
Museumsbesucher bewegen sich daher durch Räume, in denen französische Geschichte gelebt wurde.





Dass der Louvre später ein berühmtes Museum wurde, ist übrigens vor allem Napoleon zu verdanken.
Nach dem Sturz der Monarchie 1792 wurden königliche Sammlungen, Adelsbesitz und kirchliche Kunstwerke konfisziert. Der Louvre wurde zunächst leergeräumt. Am 10. August 1793 – dem ersten Jahrestag des Sturms auf die Tuilerien – wurde das „Muséum central des arts de la République“ im Louvre eröffnet. Es war das erste öffentliche Kunstmuseum in Frankreich, gedacht als Ort der Volksbildung. Anfangs waren nur wenige Räume zugänglich; gezeigt wurden hauptsächlich Werke aus der königlichen Sammlung.
1803 benannte Napoleon den Louvre in „Musée Napoléon“ um. Das Museum wurde architektonisch erweitert, systematischer geordnet und professioneller verwaltet. Die Sammlung wuchs, vor allem durch Kunstwerke, die Napoleon aus eroberten Gebieten Europas systematisch nach Paris bringen ließ. Dabei ging es ihm weniger um die Kunst an sich, sondern vor allem um Macht und kulturelle Überlegenheit.
Nach Napoleons Niederlage bei Waterloo (1815) forderten die europäische Länder ihre geraubten Kunstwerke zurück. Viele Werke aus königlichem und kirchlichem Besitz waren davon jedoch nicht betroffen, und die Sammlung wurde (und wird) durch Ankäufe und Schenkungen immer weiter ergänzt.
Der Louvre ist das größte Kunstmuseum der Welt
Er hat eine Ausstellungsfläche von über 72.000 m². Mit über 600.000 Objekten (davon nur rund 35.000 ausgestellt) ist er eines der umfangreichsten Museen der Welt. Eine Besonderheit dabei ist, dass eine außergewöhnlich breite Zeitspanne abgedeckt wird: von vorzeitlicher Kunst bis ins 19. Jahrhundert einschließlich ägyptischer, griechischer und römischer Antike sowie islamischer, orientalischer und mesopotamischer Kunst.
Wenn man sich jedes ausgestellte Werk nur 30 Sekunden lang ansähe, bräuchte man 12 Tage, um alles zu sehen. Für alle 600.000 Werke sogar über 200 Tage.
Die wichtigste Frage, die man sich vor einem Besuch des Louvre stellen sollte, ist daher: Was will ich sehen?
Im Internet gibt es viele Tipps, welche berühmten Kunstwerke man sich auf jeden Fall anschauen sollte. Das war mir aber zu wenig und zu langweilig. Ich entschied mich daher für eine andere Auswahl.
Anmerken muss ich, dass ich von Kunst und Kunstgeschichte nur ein sehr überschaubares Wissen habe. Ich entscheide daher eher gefühlsmäßig, ob mir etwas gefällt. Und manchmal – und das sind dann die ganz besonderen Momente – berührt mich ein Kunstwerk tief im Innern.
Am einfachsten sind dabei für mich Gemälde. Also beschloss ich, mich zunächst auf diese zu konzentrieren und begann meinen Rundgang mit italienischer Malerei.
Diese ist vor allem in der Grande Galerie (im Denon-Flügel) ausgestellt.


Die Fotos täuschen nicht. Dort ist es (wahrscheinlich immer) voll. Das empfand ich aber nicht als störend. Da auf beiden Seiten Bilder hängen, findet man immer Werke, die man in Ruhe betrachten kann. Und die geführten Gruppen habe ich einfach umgangen.
Beispielhaft einige Werke aus der Grande Galerie:


Diese beiden Fresken stammen vom berühmten Renaissance-Maler Sandro Botticelli. Sie wurden wahrscheinlich in den Jahren 1483 – 1486 im Auftrag einer wohlhabenden Familie in Florenz geschaffen. Allerdings waren sie lange unter weißem Wandanstrich verborgen und wurden erst 1873 bei der Renovierung der Villa wiederentdeckt.

„Saint Sébastien“ von Pietro di Cristoforo Vannucci, genannt Perugino (um 1495).
Der später heiliggesprochene Sebastian war ein Soldat, der dem christlichen Glauben angehörte. Während der Christenverfolgung in Rom im Jahr 286 wurde er verraten und Kaiser Diokletian ließ Bogenschützen mit Pfeilen auf ihn schießen, bis er blutend zusammenbrach.
Das Gemälde hat mit diesen Angriff wenig zu tun. Aber Kunst muss nicht die Realität abbilden. Künstler wie Perugino nutzten die Figur des schönen, halbnackten Jünglings, um den idealen menschlichen Körper in anmutiger Pose darzustellen. Das gelassene Gesicht Sebastians und sein himmelwärts gerichteter Blick symbolisieren dabei die Festigkeit im Glauben und die Hinwendung zu Gott trotz irdischen Schmerzes.

„Portrait of a Young Man Holding a Statuette“. Es wurde um 1550 von Agnolo di Cosimo di Mariano Tori, besser bekannt als Bronzino, gemalt. Bronzino war Hofmaler der Medici und bekannt für seine hochstilisierten Porträts des florentinischen Adels.
Der junge Mann wird in feiner Kleidung dargestellt. Seine Körperhaltung und sein Blick sind zurückhaltend, fast kühl, was die aristokratische Würde unterstreichen soll. Die Statuette, die er hält, könnte auf Bildung, Interesse an der Antike oder eine künstlerische Ader hindeuten.

„Sainte Cécile avec un ange tenant une partition“ („Die heilige Cäcilia mit einem Engel, der eine Partitur hält“), wurde um 1618 von Domenico Zampieri, genannt Il Domenichino, geschaffen – einem bedeutenden Maler des italienischen Barock.
Cäcilia ist die Schutzpatronin der Kirchenmusik, der Musiker und Sänger. Sie wird oft mit einem Musikinstrument dargestellt; in diesem Fall eine Bassgambe. Der Engel mit der Partitur verdeutlicht, dass die Musik als eine himmlische Gabe verstanden wird. Die Haltung von Cäcilia – mit nach oben gerichtetem Blick – unterstreicht ihre spirituelle Verbindung und ihre Entrückung.
Ach ja, die „Mona Lisa“ habe ich natürlich auch fotografiert…

Danach begab ich mich zur französischen Malerei. Dort war es mir aber tatsächlich zu voll. Ein Foto eines berühmten Gemäldes war jedoch ein Muss.

„La Liberté guidant le peuple“ („Die Freiheit führt das Volk“) von Eugène Delacroix, entstanden im Jahr 1830 – das Symbol der revolutionären Ideale von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
Die Waffen und Kleidung der umstehenden Figuren zeigen die verschiedenen Gesellschaftsschichten, die gemeinsam kämpfen, von Arbeitern über Bürgerliche bis zu Kindern. Die Leichen im Vordergrund unterstreichen den Preis der Revolution.
Im Hintergrund ist übrigens Notre-Dame de Paris zu sehen.
Da mir die niederländische Malerei wegen ihrer Ausdrucksstärke und der intensiven Farben besonders gefällt, wollte ich die im Louvre ausgestellten Werke unbedingt sehen. Dazu musste ich in den Flügel Richelieu wechseln und dazu durch den Sully-Flügel laufen.
Hinweis: am Ende dieses Beitrags gebe ich euch konkrete Erläuterungen zur Größe und Lage der Flügel des Louvre.
Im Sully-Flügel hatte ich eine „Begegnung der besonderen Art“…

Dies ist eine der Statuen von ‚Ain Ghazal, einer neolithischen Siedlung in der Nähe von Amman in Jordanien. Sie gehört zu den ältesten bekannten großformatigen Darstellungen des menschlichen Körpers und stammt aus dem präkeramischen Neolithikum (ca. 6500–7000 v. Chr.).
Mit über 9.000 Jahren ist dies das älteste Werk, das im Louvre ausgestellt ist!
Fast 30 solcher Statuen wurden 1985 entdeckt und bis 1996 restauriert. Sie wurden aus Gips mit einem Skelett aus Holz oder Schilfrohr geschaffen. Die Augen bestehen aus weißen Muschelschalen und schwarzem Bitumen. Vermutet wird, dass sie für kultische oder gemeinschaftsstiftende Zwecke verwendet wurden.
Gut gefallen hat mir die Cour Puget, ein überdachter, lichtdurchfluteter Skulpturenhof mit Glasdach.

Dort traf ich zum Beispiel auf Napoleon, der allerdings etwas anders aussah, als ich ihn von Gemälden in Erinnerung hatte…

Die Statue „Napoleon I in Triumph“ wurde 1808 von Jean-Baptiste Joseph Debay (dem Älteren) geschaffen.
Sie zeigt Napoleon in einer idealisierten, klassizistischen Form, die sich weniger an seinem tatsächlichen Aussehen orientiert, sondern an der Bildsprache römischer Kaiser und antiker Helden. Er erscheint als überlebensgroßer Herrscher – um Autorität, Macht und göttliche Legitimation zu vermitteln.
Die Marmorskulptur „Theseus Fighting the Minotaur“ stammt aus dem Jahr 1826. Geschaffen wurde sie von dem französischen Bildhauer Étienne-Jules Ramey.
Wer den Kampf verliert, wird sehr deutlich…

Zum Abschluss noch ein paar Gemälde niederländischer Meister:

„L’artiste peignant, entouré des siens“ / „The Artist Painting, Surrounded by his Family“
von Otto van Veen, 1590
Das Gemälde zeigt den Künstler selbst inmitten seiner Familie. Er sitzt mit Malutensilien vor einer Staffelei und malt seine Frau. Die Familie ist in eleganter Kleidung dargestellt, was auf ihren Wohlstand hinweist.
Auf der Tafel links steht (übersetzt):
„Zum heiligen Andenken
hat Otto Venius dieses Bild
für seine Familie nach seinem Tod hinterlassen.“
„Aus Liebe zum Studium und edlem Geist
malte er gerne die Bilder und Taten seiner Eltern,
die durch ihre Tugend und ihren Geist
große Ehren und Verehrung verdienten.“

„Le héros Persée secourant Andromède“ (Der Held Perseus rettet Andromeda). Es wurde 1611 von Joachim Wtewael geschaffen.
Das Werk zeigt eine dramatische Szene aus der griechisch-römischen Mythologie. Andromeda, eine schöne junge Frau, wurde an einen Felsen gekettet, um einem Meeresungeheuer geopfert zu werden. Perseus, der Held, kommt auf dem geflügelten Pferd Pegasos herbeigeflogen, um sie zu retten.
Das Werk gehört zur nordeuropäischen Malerei des frühen 17. Jahrhunderts, einer Zeit, in der mythologische Themen oft genutzt wurden, um menschliche Körper in kunstvoller Nacktheit darzustellen – mit dem Vorwand der „klassischen Bildung“.
Das Beste zum Schluss:

„Die Madonna des Kanzlers Rolin“ von Jan van Eyck, ca. 1430.
Jan van Eyck war einer der bedeutendsten Maler des Spätmittelalters. Er perfektionierte die Ölmaltechnik, was feinere Übergänge, tiefere Farbwirkungen und extreme Detailgenauigkeit ermöglichte. Er war einer der Ersten, der ferne Landschaften mit atmosphärischer Perspektive und realistischer Tiefe malte – auf dem Gemälde gut zu erkennen. Und kein Maler vor ihm hat Lichtreflexe auf Metall, Glas oder Stoffen so realistisch eingefangen. Seine Werke zeigen einen fast mikroskopischen Blick auf Oberflächen.
Dieses Gemälde im Original mit allen Details betrachten zu können – allein dafür hat sich mein Besuch des Louvre schon gelohnt…
Ergänzend ein paar Informationen und Tipps zum Louvre

Dieses Foto war ein Zufallstreffer…
Tatsächlich sieht es rund um die Pyramide, durch die man ins Innere des Louvre gelangt, so aus:


Daher: spontan geht nicht. Ihr müsst auf jeden Fall vorher ein Ticket online für einen bestimmten Tag und eine bestimmte Uhrzeit kaufen:
Dafür geht es dann vor Ort aber auch fix. Ich hatte (einen Monat vorher) online ein Ticket für 9.30 Uhr gebucht. Um 9.11 Uhr stand ich in der Schlange für dieses Zeitfenster. Um 9.28 Uhr war ich durch die Sicherheitskontrolle durch und um 9.35 Uhr durch die Ticketkontrolle, also im Museum.
Hinweis: das Zeitfenster gilt nur für den Einlass. Ihr könnt, wenn ihr einmal drin seid, so lange bleiben, wie ihr wollt.
Der Louvre in Paris besteht im Wesentlichen aus drei Hauptflügeln, die sich um den zentralen Cour Napoléon gruppieren, wo sich die Glaspyramide befindet. Die Flügel sind:
Flügel Denon, verläuft entlang der Seine, südlich des Innenhofs.
Flügel Sully, der älteste Teil des Louvre, verbindet die Flügel Richelieu und Denon.
Flügel Richelieu, verläuft entlang der Rue de Rivoli, nördlich des Innenhofs.

Wenn ihr euch die Meterangaben anschaut und berücksichtigt, dass die Flügel mehrere Etagen haben, könnt ihr meinen Rat bestimmt nachvollziehen: Zieht euch bequeme Schuhe an.
Und ein letzter Tipp, wenn ihr ein paar Minuten fernab der Besucherströme ausruhen wollt: Geht in die Abteilung „Antiquités orientales“ (Vorderasiatische Altertümer) Bereich „Levant – Syrische Küste: Ugarit und Byblos – von den Ursprüngen bis zur Eisenzeit“. Sie befindet sich im Richelieu-Flügel, Erdgeschoss (Ebene 0). Dort seid ihr (fast) alleine.

