Polen: Krakau

Polen: Krakau

Mein zweites Ziel, die Stadt Krakau, blickt auf eine beeindruckende Geschichte zurück. Von 1038 bis 1596 war sie die Hauptstadt Polens, was sich in prächtigen Bauten und Kirchen heute noch zeigt. Anders als Breslau und Warschau blieb sie im 2. Weltkrieg baulich weitgehend unzerstört. Doch menschlich erlitt die Stadt während der deutschen Besatzung von September 1939 bis Januar 1945 immense Verluste. Fast alle 65.000 Krakauer Jüdinnen und Juden, ein Viertel der Krakauer Bevölkerung, wurden ermordet. Aber auch viele polnische Intellektuelle wurden in Konzentrationslager verschleppt.

Die jüdische Geschichte ist in Krakau durch das jüdische Viertel (Kazimierz) und der Holocaust durch das ehemalige Ghetto Krakau, Schindlers Fabrik und das nahegelegene Konzentrationslager Auschwitz besonders präsent.

Podgorze

Podgorze ist der Stadtteil, in dem sich das Krakauer Ghetto befand.

Er liegt gegenüber der Altstadt, und am besten geht man von dort über die schönste Brücke Krakaus, die Bernatka-Brücke mit ihren akrobatischen Figuren

Wenn ihr dann geradeaus weitergeht, kommt ihr zum Marktplatz Podgorze mit der katholischen Josefskirche. Rechts von der Kirche befindet sich, leicht erhöht, ein sehr schöner und ruhiger Skulpturengarten mit vielen Sitzmöglichkeiten.

Vom früheren Ghetto gibt es nur noch vereinzelte ursprüngliche Teile, wie hier zum Beispiel die Ghettomauer…

…doch es gibt Zeitzeugnisse, die einem die Tränen in die Augen treiben…

Und es gibt den Platz der Ghettohelden. Hier fanden Appelle und Selektionen statt, und hier wurden Jüdinnen und Juden zur Deporation in die Konzentrationslager zusammengetrieben. Von den meisten blieben nur die Möbel. Ausgehend von einem Zitat des einzigen nichtjüdischen Ghettobewohners Tadeusz Pankiewicz, der die Apotheke im Ghetto betrieb (sie steht noch an der Ecke des Platzes)

„Auf dem Platz der Einheit verfallen unzählige Schränke, Tische, Anrichten und andere Möbel, die ständig hin- und hergetragen werden.”

https://erinnerungsorte.org/miejsca/krakau-denkmal-aus-stuehlen-auf-dem-platz-der-ghettohelden-plac-bohaterow-getta/

wurde zur Erinnerung an die jüdischen Opfer 2005 ein Mahnmal errichtet, das aus leeren Stühlen besteht.

Da der Platz aber nach den Ghettohelden benannt ist, wird auf Schautafeln nicht nur über die Repressionen gegenüber Jüdinnen und Juden und an die Zwangsumsiedlung 1941 in das Krakauer Ghetto informiert, sondern auch an diejenigen erinnert, die Widerstand geleistet haben.

In Podgorze befindet sich auch die ehemalige Metallwarenfabrik von Oskar Schindler, den meisten wahrscheinlich bekannt aus dem Film „Schindlers Liste“. Diese ist jetzt ein Museum, das ich eigentlich besichtigen wollte. Leider war es an dem Tag aber wegen Wartungsarbeiten geschlossen.

So habe ich stattdessen spontan das direkt daneben befindliche Museum of Contemporary Art (MOCAK) besucht. Es zeigt ein breites Spektrum von Werken zeitgenössscher polnischer Künstlerinnen und Künstlern. Für Menschen, für die Kunst vor allem schön sein muss: bloß nicht reingehen. Für alle anderen ist das Museum ein echter Geheimtipp. Aiuch wenn mich längst nicht alles angesprochen hat, war ich beeindruckt von der Vielfalt. Und vieles hat in mir die unterschiedlichsten Emotionen ausgelöst…Neugier, Erstaunen, Mitgefühl, Trauer, Angst, Verstörung…

Informationen zum MOCAK findet ihr hier:

https://en.mocak.pl/deutsch-sprache

Altstadt

Mein zweiter Tag in Krakau führte mich in die Altstadt. Sie wurde ab 1257 um den Rynek Główny (Marktplatz) angelegt. Markantes Wahrzeichen ist die Marienkirche mit ihren unterschiedlichen Türme. In der Mitte des Marktplatzes befinden sich die Sukiennice (Tuchhallen). Ihren Namen erhielten sie im Mittelalter, als dort mit englischen und flämischen Stoffen gehandelt wurde. Auch heute gibt es dort immer noch viele kleine Läden, vor allem für Handwerk, Schmuck und Souvenirs.

Ich weiß nicht, ob es tatsächlich so ist, aber gefühlt findet man in der Krakauer Altstadt in jeder Straße mindestens eine Kirche. Also eine wahre Fundgrube für Menschen, die gerne Kirchen besichtigen. Hier ein paar Impressionen…

Krakau ist nicht nur eine Universitätsstadt. Sie hat sogar die älteste Universität Polens, die 1364 gegründet wurde. 1817 wurde sie in Jagiellonen-Universität umbenannt. Falls ihr genauso neugierig seid wie ich: der Name beruht auf einer litauischen Adelsdynastie, die zwischen 1386 und 1572 die polnischen Könige stellte.

Zu den bekanntesten Studenten der Universität gehörten übrigens Nikolaus Kopernikus und der spätere Papst Johannes Paul II.

Jüdisches Viertel

Kazimierz wurde 1335 als eigenständige Stadt gegründet. Nach der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus Krakau Ende des 15. Jahrhunderts siedelten sich dort vielee Jüdinnen und Juden an. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Kazimierz ein Stadtteil von Krakau, in dem bis zum 2. Weltkrieg weiterhin ein lebendiges jüdisches Leben stattfand.

Heute ist Kazimierz das letzte in seiner Bausubstanz erhaltene jüdische Viertel Osteuropas. Doch es leben nur wenige Jüdinnen und Juden dort. Dafür bietet der Stadtteil mittlerweile eine interessante Mischung aus jüdischer Tradition und Geschichte einerseits und Restaurants, hippen Läden und alternativer Kunst andererseits. Sehenswert!

Wawel

Der Wawel ist ein Hügel aus Kalkstein am Ufer der Weichsel. Seine Höhlen wurden bereits zur Steinzeit bewohnt. Schon seit dem frühen Mittelalter befand sich dort eine Burganlage, und im 14. Jahrhundert entstand die heutige Wawel-Burg. Da sie über Jahrhunderte die Residenz der polnischen Könige war, wird sie oft auch als Wawel-Schloß bezeichnet,

Die Außenanlagen und der Innenhof können frei besichtigt werden.

Für die Besichtigung der Innenräume (königliche Gemächer, Kronschatz und Waffenkammer) muss man Eintritt zahlen. Da ich lieber etwas mehr von Krakau selbst sehen wollte, habe ich auf einen Besuch verzichtet.

Besichtigt habe ich aber die Kathedrale, in der fast alle polnischen Könige gekrönt und bestattet wurden Mein Fazit; kann man machen, muss man aber nicht.

Nicht verpassen sollte man jedoch den Drachen am Fuß des Wawel-Hügels. Hierzu gibt es eine Sage in mehreren Versionen. Diese gefällt mir am besten:

„Es war einmal ein König namens Krak, der mit seiner Tochter Wanda in einer Burg auf dem Wawel-Hügel lebte. Jahrelang herrschte Frieden und Wohlstand, bis eines Tages ein großer dreiköpfiger Drache beschloss, die Höhle unter dem Wawel-Hügel zu seiner Heimat zu machen. Seine Anwesenheit erschreckte alle, da die Kreatur Menschen, ihr Vieh und ihre Schafe jagen würde. Aber ihr Lieblingsessen waren Jungfrauen. Wenn es nichts zu fressen fand, wurde es hektisch, erschütterte den Hügel und spuckte in seiner Wut Feuer aus seinem Maul. Der Drache brachte nur Zerstörung und Chaos.

König Krak wollte nicht, dass seine Tochter der Kreatur zum Opfer fiel, also gab er bekannt, dass er nach einem mutigen Ritter suchte, der gegen den Drachen kämpfte. Als Belohnung erhielten sie die Hand seiner Tochter und erhielten die Hälfte des Königreichs. Viele kamen und kämpften nur um immer wieder zu scheitern.

 Dann endlich näherte sich ein armer, fleißiger Schuster namens Dratewka dem König und fragte, ob er den Drachen bekämpfen könne. Dratewka beschaffte sich beim Metzger Schaffelle, stopfte es mit Schwefel und nähte es zu, sodass es wie ein ganzes Schaf aussah. Dann stellte er die Schafe nachts vor die Höhle und wartete. Am nächsten Tag kam der hungrige Drache aus der Höhle und verschlang die Schafe außerhalb der Höhle. Dann spürte die Kreatur, wie sein Körper von innen heraus brannte. Um das Brennen zu lindern, fing es an, Liter Wasser aus der Weichsel zu schlucken. Es hat so viel Wasser getrunken, dass der Fluss fast ausgetrocknet ist. Das Brennen wollte immer noch nicht verschwinden. Das Biest trank weiter, bis es mit einem lauten Knall in winzige Stücke zerplatzte!“

https://www.yoair.com/de/blog/the-fascinating-legend-of-the-wawel-dragon-from-krakow-poland/

Mittlerweile ist der Drache wieder da, allerdings in friedlicher Version. Feuer speit er aber (alle paar Minuten) weiterhin…

Siehe auch meine weiteren Polen-Beiträge:

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