Warum ich bei Facebook ausgestiegen bin
Es begann im Mai 2010…
Eine gute Freundin sagte mir, sie sei jetzt bei Facebook, und das sei richtig klasse. Also meldete ich mich dort ebenfalls an und war begeistert. Meine ersten Facebook-Freund*innen waren Menschen aus meinem persönlichen und politischen Umfeld, aber schnell gab es neue Freundschaftsanfragen. So lernte ich auch Menschen kennen, die ich nie persönlich getroffen habe, die mir aber aufgrund ihres Profils und ihrer Posts sympathisch waren. Das konnte ich ganz einfach zeigen; ein „Gefällt mir“ war schnell geklickt. Und wenn ich auf „Teilen“ klickte, sahen alle meine Facebok-Freund*innen, was mir besonders gut gefiel und konnten es dann ebenfalls liken und teilen. Jedes „Gefällt mir“, das ich für meine Beiträge und Fotos bekam, gab mir die Bestätigung, dass ich anderen eine Freude gemacht habe. Ein gutes Gefühl.
Natürlich merkte ich schnell, dass ich mich mit meinen Facebook-Freund*innen in einer „Blase“ von Gleichgesinnten befand. Aber war das schlimm? Trotz Übereinstimmung in den Grundwerten gab es genügend inhaltliche Unterschiede zu einzelnen Themen, so dass Stoff für Diskussionen blieb. Und mit gemeinsamen Aktionen konnte man zeigen, wofür oder wogegen man stand. Wenn meine Facebook-Freund*innen und ich die gleichen politischen Botschaften über das Profi- oder Titelbild ins Netz (oder eher in die Blase?) verbreiteten, gab das ein Gemeinschaftsgefühl, wie ich es sonst nur bei Demonstrationen erlebt hatte. Nur dass es ganz bequem von zuhause aus ging. Mit nur ein paar Klicks. Ein gutes Gefühl.
Wann meine Entfremdung von Facebook begann, kann ich nicht mehr sagen; wahrscheinlich war es ein schleichender Prozess. Und befördert wurde er dadurch, dass wir beide uns veränderten. Ich wurde bezüglich meiner Internetnutzung und meines Medienkonsums zunehmend (selbst-)kritischer. Und Facebook behandelte mich nicht mehr als Nutzerin eines sozialen Netzwerks, sondern nur noch als Konsumentin. Und das bedeutete: Werbung, Werbung, Werbung! Zum einen direkt für Produkte… natürlich genau auf meine Vorlieben zugeschnitten, denn die kennt Facebook ja ganz genau… also immer die gleichen Produkte, immer die gleichen Seiten… nervig und laaangweilig. Zum anderen immer wieder Seiten, die (vermeintliche) Lebenshilfe versprechen („10 Tipps …für einen entspannten Frühjahrsputz… für die perfekte Hautpflege… für ein glückliches Leben…“), Natürlich klickt man da immer mal wieder drauf (schließlich sind Werbeprofis am Werk), und natürlich ist auf den Seiten jede Menge Werbung.
Anfang Januar beschloss ich daher, auszutesten, ob mir ohne Facebook was fehlen würde. Ich stellte selber keine Beiträge mehr ein, reagierte auch nicht auf andere Posts und schaute eher sporadisch mal nach, was sich so auf Facebook tut.
Und das Ergebnis? Sicherlich sind mir Informationen entgangen, aber mit Sicherheit keine wichtigen. Es reicht mir, wenn ich bei meinen Freund*innen und Bekannten im wirklichen Leben mitbekomme, ob sie sich privat oder beruflich verändern oder wo sie gerade im Urlaub sind. Für die lokalen Nachrichten (die auf Facebook sowieso hinter einer Bezahlschranke sind) habe ich die beiden örtlichen Tageszeitungen abonniert; für alles, was sonst in der Welt passiert, nutze ich Twitter. Und die Facebook-Seiten, die mich wirklich interessieren, haben in der Regel auch Websites.
Ohne Facebook habe ich aber etwas gewonnen, nämlich mehr Lebenszeit für schöne Beschäftigungen. Wie viel das in den knapp drei Monaten war, lässt sich natürlich nicht messen, aber immerhin habe ich es geschafft, diese Website zu gestalten…
Und daher endet es im März 2022.
Damit kein Mißverständnis aufkommt: dies ist kein Aufruf, eure Facebook-Accounts jetzt massenhaft zu löschen. Meine ganz persönliche Entscheidung muss kein Maßstab für andere sein. Aber zwei Bitten habe ich:
Erstens: Wenn ihr Facebook tatsächlich nicht mehr aktiv nutzt (und davon gibt es, denke ich, sehr viele): Denkt zumindest drüber nach, den Account zu löschen. Denn die Zahl der Nutzer*innen bringt Facebook und dem Multikonzern, der dahintersteckt, jede Menge Werbeeinnahmen, und ihr habt davon gar nichts (außer natürlich ihr habt Facebook-Aktien…).
Zweitens: Lest diese beiden Bücher: